Ziegelherstellung
Tongewinnung zur Ziegelherstellung
Der Rohstoff Ton wurde aus der betriebseigenen Tongrube gewonnen. Es ist eine Grube, die schon vor 1945 zur Tongewinnung genutzt wurde. Sie liegt in unmittelbarer Nähe des Betriebes. Als Ziegelton liegen mürbe zum Teil kalkhaltige Schiefertone von rötlicher bis grünlicher Färbung vor. Der Abbau von Schieferton erfolgte direkt von der sechs Meter hohen Grubenwand mit dem Universalbagger UB 631. Dabei war zu beachten, dass ein vorgeschriebener Böschungswinkel eingehalten und die Grubensohle ständig begradigt und saubergehalten werden musste. Das Rohmaterial wurde nicht gehaldet, sondern direkt verarbeitet. Der Ton wurde in 0,75 m³ Muldenkipploren geladen und von einem Schienenkuli (6,5 PS Diesel) zum Schrägaufzug transportiert. Mit einer Seilwinde konnten die Kipploren dann in die Aufbereitungsanlage gezogen werden. Die Dosierung der Massekomponenten erfolgte bereits in der Tongrube. Die Muldenkipper wurden in der Grube mit Brikettabrieb (etwa drei Schaufeln je Muldenkipper) beschickt. Die Zugabe dieser Komponente diente dazu, bestimmte Effekte beim Brennen zu erreichen. Störend machten sich zum Teil Rogensteine und Sandsteine bemerkbar. Kam man dem Gipshut zu nah, bestand die Gefahr, dass Gipsbrocken mit gewonnen wurden, wodurch die Qualität der Ziegelsteine gemindert werden konnte.
Aufbereitung und Formgebung
Das aus der Tongrube ankommende Material wurde aus Kipploren in den Kastenbeschicker gekippt. Der Kastenbeschicker transportierte das Rohmaterial in den Trockenkollergang. Trocken zermahlen kam der Ton über einen Mehlelevator in den Doppelwellenmischer. Feucht durchgemischt gelangte das Rohmaterial in die Strangpresse zur Formgebung. Die Arbeit des Ziegelstreichers war anstrengend. Die Erfindung der Strangpresse erleichterte die Arbeit erheblich. Ihr Erfinder war der Bauunternehmer Carl Schlickeysen (1854). Durch den Einsatz (Mundstücke) konnten Loch- und Hohlziegel anstelle von Vollziegel hergestellt werden. Von einem Abschneider wurde der geformte Strang in die entsprechende Länge geschnitten. Die so gewonnenen Formlinge gelangten von Halbautomaten manuell in die Teller des Kreistransporteurs und wurden in die Freilufttrocknung gebracht.
Die Freilufttrocknung
Anfangs wurden die Formlinge auf eigens konstruierten Schubkarren zum Trocknen in die Freilufttrocknung gebracht und auf die Regale eingerüstet. Wie lange die Formlinge in der Freilufttrocknung bleiben mussten, war witterungsabhängig. Bei günstigem Wetter waren es circa 14 Tage. Um die Zeiten zu verkürzen, wurden die Regale über dem Ofen angebracht, um die Abwärme zu nutzen.
In der Freilufttrocknung stehen insgesamt 244 Holzregale. Das Baujahr ist nicht exakt zu datieren, der Hersteller ist nicht bekannt. Die Regale haben eine Länge von ca. vier Metern, eine Breite von 60 cm und eine Höhe von ca. drei Metern. Es wurde auf drei Ebenen getrocknet: auf der Galerie, auf dem Ringofen und in der Trocknung hinter dem Maschinenraum. Die Freilufttrocknung ist winddurchlässig. Außerdem wurde zum Trocknen die Wärme des Ringofens genutzt. Die Ziegelei Westeregeln war ein Saisonbetrieb, Ziegel wurden nur von April bis November gebrannt. Ein Vorrat an Rohlingen wurde in einem geschlossenen Raum während der Wintermonate angelegt. So erreichte man einen Vorlauf für das Brennen im Frühjahr.
Der Kreistransporteur
Zum Transport der Ziegelrohlinge wurde 1936 ein Kreistransporteur in einer Gesamtlänge von ca. 600 Metern installiert. Ursprünglich wurde der Transporteur mit einer Dampfmaschine angetrieben,. 1959 wurde die Ziegelei elektrifiziert. Die Antriebsleistung des Elektromotors beträgt 9,2 kW. Der Hersteller war die Firma Funke aus Nienburg. Der Transporteur durchläuft alle Produktionsräume. Gleichzeitig wurden Rohlinge auf die oberen Teller gelegt und Formlinge aus den unteren entnommen. Im Maschinenraum wurde der Kreistransporteur an der Strangpresse mit je zwei Rohlingen in den oberen Tellern bestückt. Dann durchlief er alle Freilufttrocknungen bis hoch in die Galerie. Die Rohlinge wurden in die Regale eingerüstet. Parallel dazu kamen die getrockneten Formlinge in den Transporteur. Sie wurden bis vor die Ofentüren gefahren. Der Kreistransporteur brachte große Arbeitserleichterungen. Er löste die eigens dafür gebauten Schubkarren ab.
Ringofen, Garbrand
Die getrockneten Rohlinge gelangten mit dem Kreistransporteur an die Ofentüren. Dort wurden sie aus den Tellern herausgenommen und auf eine transportable Rollenbahn mit einer Neigung von neun bis zehn Prozent Gefälle eingesetzt. Die Rohlinge liefen bis zu den zwei Setzern in den Ringofen. In achtundzwanzig Kammern wurden die Rohlinge bei etwa 900° C gebrannt. Nach circa vier Tagen war der Brand beendet. Die verschlossenen Ofentüren wurden nach zehn Tagen geöffnet, die fertigen Ziegel konnten aus dem Ofen entnommen werden.
Technik: Der Hoffmann’sche Ringofen
1858 ließ sich Friedrich Eduard Hoffmann aus dem benachbarten Gröningen den von ihm entwickelten so genannten Hoffmann’schen Ringofen patentieren, in dem das Feuer, einem endlosen Brennkanal folgend, seine Runde macht. Der Vorteil dieser Ofenkonstruktion war ein kontinuierlicher Brennprozess, das Brennmaterial konnte sparsamer eingesetzt werden.
Der Hoffmann’sche Ringofen in der Alten Ziegelei Westeregeln wurde 1894 gebaut und 1936 erweitert; er ist damit der längste erhaltene Ringofen Europas: Er verfügt über ein Volumen von 564 Kubikmeter und ein Fassungsvermögen von 250.000 Ziegeln; der Brennkanal ist 122 Meter lang. Der Ofen hat 28 Kammern und beschreibt eine langgestreckte, ovale (oblonge) Form. Die Kammern liegen ringförmig um den Schornstein und waren ursprünglich durch eiserne Schieber getrennt; bis heute existieren jedoch Papierschieber. Jede Kammer ist sowohl mit dem Schornstein als auch mit der Brennstelle verbunden. Für das Garbrennen kam Kohleabrieb zum Einsatz. Über einen Elevator wurde der Brennstoff direkt aus dem Kohlebunker auf den Ringofen transportiert. Auf dem Ofen abgelagert, wurde der Brennstoff in kleinen Mengen und in Abständen von etwa 20 Minuten zugegeben. Die Brenner hatten ein sogenanntes Brennerbuch zu führen, in dem alle Vorgänge des Brennprozesses vermerkt wurden, darunter auch Brennstoffverbrauch und Störungen. Für die Pausen der Brenner stand auf dem Ofen eine sogenannte Brennerbude zur Verfügung — durchaus im doppelten Sinne des Wortes.
Verladung
Die Ziegel wurden bis zum Einbau des Hängeschalen-Kreistransporteurs mit Ausfahr- oder Plattenwagen aus dem Ofen gefahren. Später stapelte man die Ziegel auf Paletten, mit denen sie aus dem Ofen gefahren wurden. Mit dem Gabelstapler wurden die Ziegelpaletten direkt auf die LKW geladen oder in den Lagerbestand gesetzt.