Bio- und Geotop

Bio­top

Auch in bio­lo­gi­scher Hin­sicht offen­bart sich die Ton­gru­be der Alten Zie­ge­lei Wester­egeln mit ihrer Flo­ra und Fau­na sowie ihren Feucht­fle­cken als zu ent­de­cken­der Tro­­cken- und Feucht­bio­top. Hier ste­hen Esel­dis­tel, Schwar­ze Königs­ker­ze, Blau­er Gauch­heil oder Gemei­ner Nat­ter­kopf, aber auch das auf der Roten Lis­te des Lan­des Sach­­sen-Anhalt ste­hen­de Sand-Stie­f­­mü­t­­ter­chen und der Glanz­lo­se Ehren­preis. Wech­sel­krö­te, Zaun­ei­dech­se, Wald­kauz und Rohr­wei­he haben neben Klein­le­be­we­sen wie Fal­tern und Libel­len einen idea­len Lebens­raum gefunden.

In der ehe­ma­li­gen Ton­gru­be hat sich in den ver­gan­ge­nen gut 20 Jah­ren ein beson­de­res Bio­top mit sel­te­nen Pflan­zen, Insek­ten und Klein­tie­ren ent­wi­ckelt, in dem sich auch Fuchs, Hase und Reh gute Nacht sagen; vom lär­men­den Kuckuck hier nicht zu reden.
Seit den spä­ten 1950er-Jah­ren wur­de der Natur­schutz in der DDR wenigs­tens for­mal orga­ni­siert. In den Krei­sen und Bezir­ken wur­den Natur­denk­mal­lis­ten erstellt und Natur­schutz­ob­jek­te mit der „Natur­schutz­eu­le“ gekennzeichnet.
geo­top

Der Unter­grund von Wester­egeln wird von der geo­lo­gi­schen Struk­tur des Sta­ß­­furt-Egel­­ner-Sat­­tels geprägt. Durch Auf­stieg (Halo­ki­ne­se) des Zech­st­ein­sa­linars ent­stand im Meso­zoi­kum ein lang gestreck­ter Salz­sat­tel (Dia­pir), der von Güs­ten im Süd­os­ten bis in den Raum Helm­stedt im Nord­wes­ten zu ver­fol­gen ist. Im Raum Wester­egeln haben die Gestei­ne des Zech­steins die meso­zoi­schen Deck­schich­ten durch­bro­chen und sind bis zur Erd­ober­flä­che auf­ge­stie­gen. Die­ser Pro­zess hält bis in die Gegen­wart an. An den Sat­tel­flan­ken wur­den dabei die Schich­ten des Bunt­sand­steins steil auf­ge­rich­tet. Dort, wo das Salz die Erd­ober­flä­che erreich­te, wur­de es vom Grund­was­ser auf­ge­löst (Subro­si­on). Zurück­ge­blie­ben sind so genann­te Resi­du­al­ge­stei­ne aus Gips, die den „cap rock“ bezie­hungs­wei­se Gips­hut bil­den. Zusam­men mit dem Haupt­an­hy­drit bede­cken sie den Salz­stock. Dadurch wird die wei­te­re Auf­lö­sung des Salz­dia­pirs weit­ge­hend gehemmt. Durch die jahr­zehn­te­lan­gen berg­bau­li­chen Akti­vi­tä­ten der Gips- und Ton­ge­win­nung wur­den die Gestei­ne und ihre beson­de­ren Lage­rungs­ver­hält­nis­se sicht­bar und bie­ten somit nicht nur Geo­lo­gen einen anschau­li­chen Blick in das Buch der Erd­ge­schich­te. Für die Fach­leu­te ist beson­ders inter­es­sant, dass in der Ton­gru­be die Gren­ze zwi­schen Zech­stein und Unte­rem Bunt­sand­stein auf­ge­schlos­sen ist. Auf­schlüs­se im cap rock eines Dia­pirs sind in unse­rer Regi­on sel­ten, des­halb sind die zum Teil noch gut erhal­te­nen Wän­de der Gips­ab­bau beson­ders belieb­te Stu­di­en­ob­jek­te für Exkur­sio­nen von Geo­wis­sen­schaft­lern. Hin­zu kommt, dass der Gips in der jün­ge­ren geo­lo­gi­schen Ver­gan­gen­heit ver­kars­tet ist. Es bil­de­ten sich Schlot­ten und klei­ne Höh­len. Die Hohl­räu­me wur­den am Ende der Eis­zeit durch Wind und Regen­was­ser zum Teil mit Sand und Staub gefüllt. Gleich­zei­tig wur­den Kno­chen einer eis­zeit­li­chen Tier­welt ein­ge­spült und somit für die Nach­welt kon­ser­viert. Bereits um 1870 erforsch­te A. Neh­ring die­se fos­si­len Zeug­nis­se einer kalt­zeit­li­chen Step­pen­land­schaft ein­schließ­lich von Hin­ter­las­sen­schaf­ten des Stein­zeit­men­schen. Die Kno­chen­fun­de waren damals so reich­lich, dass man die­se nach Staß­furt in die Kno­chen­müh­le schaff­te. Kli­ma­zeug­nis­se (unter ande­rem Eis­keil­net­ze, Wür­ge­bö­den, und Flies­ser­den (Soli­fluk­ti­on) für eis­zeit­li­chen Dau­er­f­rost­bo­den, wie er sich zum Bei­spiel im nörd­li­chen Sibi­ri­en beob­ach­ten lässt, sind instruk­tiv in den Deck­schich­ten der Ton­gru­be zu beobachten.

Im Ver­lauf des erd­ge­schicht­li­chen Mit­tel­al­ters leg­ten sich bei wei­te­rem Absin­ken über die Zech­stein­schich­ten bun­te, san­di­ge Kal­ke und rote Let­ten ab. Im Sat­tel­be­reich und des­sen unmit­tel­ba­ren Flan­ken sind die Bunt­sand­stein­ge­schich­ten durch den Salz­auf­stieg (atek­to­nisch) steil auf­ge­rich­tet. Im Bereich der Alten Zie­ge­lei Wes­tere­gel sowie in der Zufahrt zur Gru­be steht der ver­gips­te Haupt­hy­drit (A3) ober­flä­chen­nah an.

Unmit­tel­bar nach Nord­os­ten ist der Brö­ckel­schie­fer auf­ge­schlos­sen. Sein Ein­fal­len beträgt hier etwa 90° (z. T. leicht über­kippt). Mit zuneh­men­der Ent­fer­nung von Sat­tel nimmt das Schicht­ein­fal­len ab und es sind Hori­zon­te des unte­ren Bunt­sand­steins anzu­tref­fen. Mit Ende der gro­ßen Eis­zeit setzt sich im fla­cher wer­den­den Was­ser schwar­zer, fet­ti­ger Ton ab, der an ein­zel­nen Stel­len zur Zie­gel­fa­bri­ka­ti­on Ver­wen­dung fand.

Eine geo­lo­gi­sche Beson­der­heit des Staß­furt-Egel­ner Salz­sat­tels auf dem Gelän­de der Alten Zie­ge­lei wester­egeln sind die soge­nann­ten Eis­kei­le, die sich vor Jahr­mil­lio­nen durch wie­der­hol­te Gefrier­vor­gän­ge gebil­det haben. Das sind netz­för­mig ange­ord­ne­te Spal­ten (Tro­cken­ris­se), die ursprüng­lich zunächst mit Eis gefüllt waren und sich nach dem Abtau­en mit Sedi­ment füll­ten. Sol­che Peri­g­la­zi­al­struk­tu­ren sind fast in jeder Sand- oder Bau­gru­be zwi­schen Harz und Flech­tin­ger Höhen­zug zu finden.