Seit altersher wurde in den Steinbrüchen auf dem Westeregelner Kalkberg Gips gewonnen und gebrannt. Im Jahre 1803 kam eine Ziegelei hinzu, die als Rohstoff den Schluffstein des Unteren Buntsandsteins verarbeitete, der in den Tongruben der Ziegelei abgebaut wurde. Die auflässigen Gipsbrüche und Tongruben stellen heute einen interessanten Geotop und zugleich einen der natürlichen Sukzession überlassenen Trocken- und Feuchtbiotop dar, der wegen der Besonderheiten der geologischen Lagerungsverhältnisse und der Gesteinsausbildung für Lehre und Forschung überregionale Bedeutung hat. In Verbindung mit der weitgehend erhaltenen Ziegelei aus dem späten 19. Jahrhundert und den Resten einer Hütte mit mehreren Öfen zum Brennen von Gips ergibt sich ein interessantes Industrieareal inmitten einer wiedererstandenen vielfältigen Natur, die jedoch seit Jahren durch landwirtschaftliche Monokultur und aktuell durch den Klimawandel stark gefährdet ist.
Die Alte Ziegelei Westeregeln ist seit Jahren Station des Salzländer Kulturstempels: salzlaender-kulturstempel.de
Den in früheren Jahrhunderten in Westeregeln lebenden Menschen waren die unter einer dünnen Bodendecke anstehenden Gipsfelsen bereits bekannt. Man begann schon früh, in kleinen Gruben Gips zu gewinnen und zu brennen, um dadurch einen Baustoff mit wertvollen Eigenschaften zu erhalten. Dieser Abbau war einer der ersten wirkungsvollen Impulse für eine wirtschaftliche Entwicklung des Standortes Westeregeln. Bereits die Geologen des 19. Jahrhunderts erkannten in dieser Geländehöhe den oberen Teil der wichtigsten geologischen Struktur dieses Gebietes, den Staßfurt-Egelner-Oscherslebener Salzsattel. Aber nicht nur geologisch wertvolle Funde erstaunen die Wissenschaftler immer wieder, sondern auch paläontologische Überreste sind bis heute von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung. So wurden Überreste einer reichhaltigen vor- und nacheiszeitlichen Säugetierfauna wie Mammut, Wollnashorn, Moschusochsen, Rentier, Wildpferd und vieles mehr freigelegt, die einen Eckpfeiler in der wissenschaftlichen Erforschung bis in die heutige Zeit darstellen. Auch in unseren Tagen kommen bei Grabungsarbeiten an den alten Gipsbrüchen Wirbeltierreste zum Vorschein; es wurde auch die These diskutiert, dass sich auf dem Kalkberg Hyänenhorte befanden — vor Zigtausenden von Jahren.
Mit dem verstärkten Gipsabbau, der bis in das 20. Jahrhundert reichte, setzte auch der Abbau von Ton ein, der seit Beginn des 19. Jahrhunderts bis zu Beginn der 1990er-Jahre in der Alten Ziegelei Westeregeln gebrannt wurde.
Diese Zeugnisse des menschlichen Lebens aus vergangener Zeit sollen für die Zukunft erhalten werden. Technische, archäologische, geologische Besonderheiten und die seltene Flora und Fauna des in den vergangenen Jahren entstandenen Biotops sollen der Öffentlichkeit durch Besichtigungsmöglichkeiten zugänglich gemacht werden. Mit der Schaffung einer musealen Einrichtung wird seit Jahren auch die Integration von Problemen der heutigen Zeit, die Überwindung der Benachteiligung von Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern sowie anderen benachteiligten Menschen gemildert.
Der Komplex der musealen Nutzung gliedert sich in die Tongrube mit bemerkenswerten geologischen Aufschlüssen und einem Biotop, die Grubenanlage mit einem etwa 600 Meter langen Schmalspurnetz, mit Kipploren und Diesellokomotiven, der Tonaufbereitungsanlage mit Kastenbeschicker, Kollergang, Doppelwellenmischer, Schlickeysensche Strangpresse, dem elektrisch betriebenen Kreistransporteur mit einer 600 Meter langen Endloskette, dem gestreckten Hoffmann’schen.
Es ist das Anliegen der Sozial-Aktien-Gesellschaft Bielefeld, den Standort der Alten Ziegelei Westeregeln zu erhalten und zu einem attraktiven Museumsbetrieb weiterzuentwickeln. Bis 1991 wurden, ausgenommen während der Wintermonate, in Westeregeln mit überalterter Technik und hohem Anteil manueller Arbeit pro Jahr (!) etwa 3,2 Millionen Ziegel im so genannten Normalformat produziert; heutzutage wird diese Menge von einer modernen Ziegelei an einem Tag hergestellt. Bis in die späten 1950er-Jahre wurde hier auch Gips gebrochen und bearbeitet.
Der Ton für die Ziegelherstellung stammte aus der angrenzenden Tongrube. Heute sind auf dem etwa 72.000 Quadratmeter großen Gelände – gemäß den „blühenden Landschaften“ des Dr. Helmut Kohl – sowohl Grube als auch Gipsbruch wertvolle Geotope und Feuchtbiotope. Neben vielfältiger Flora und Fauna sind in Westeregeln auch geologische Besonderheiten des Staßfurt-Egelner-Oscherslebener Salzsattels zu betrachten – ein Umstand, der die Fachhochschule Bielefeld und ihren Fachbereich Gestaltung, die Universität Halle an der Saale, die Hochschule für industrielle Formgestaltung und Design Burg Giebichenstein, die Technische Universität Berlin, TU Bergakademie Freiberg und andere mehr zum Kooperationspartner gemacht hat.
Die vorhandenen Zeugnisse des industriekulturellen Lebens und Arbeitens und die technischen Besonderheiten der Alten Ziegelei Westeregeln sollen für künftige Generationen erhalten bleiben!